Die Ausrichtung der diesjährigen Deutschen Meisterschaft in der Offenen Klasse kam für uns als Ausrichter ein wenig überraschend. Im Sommer 2024 wurden wir bei der Abschlussfeier der Frauen DM gefragt, ob wir 2025 als Ausrichter zur Verfügung stehen würden. Zunächst lehnten wir ab, da unser Kalender für 2025 bereits gut gefüllt war. Anfang Juni hatten wir unser „kleines“ Vergleichsfliegen geplant, gefolgt von drei Gastgruppen über den Sommer verteilt. Außerdem hatten wir unser eigenes Fluglager im schönen Brandenburg und zum Saisonabschluss am 20. und 21. September 2025 unser Flugplatzfest geplant. Angesichts des vollen Terminkalenders und der begrenzten Ressourcen kam für uns eine Bewerbung um die Ausrichtung einer Meisterschaft im Jahr 2025 nicht in Betracht. Auch im September und Oktober, als noch einmal ein Aufruf an die Ausrichter der vergangenen Jahre ging, ob sich noch jemand für die „großen“ Klassen finden würde, fühlten wir uns nicht angesprochen.
Am 20. November klingelte mein Telefon und Enrique fragte, ob wir uns vorstellen könnten, die Offene Klasse zu beherbergen. Für die anderen Klassen hatte man bereits Lösungen gefunden, nur für die „Langohren“ war man noch auf der Suche. Ein Blick in den Kalender zeigte ein Zeitfenster Anfang Juli, direkt im Anschluss an unseren Anfängerwettbewerb, in dem wir noch „frei“ waren. Nach Abstimmung mit unserem Helferteam und unserem erweiterten Vorstand konnten wir der BuKo Segelflug am 24. November zusagen, die DM Offene Klasse vom 02.-12.07.2025 bei uns in Lachen-Speyerdorf durchführen zu können.
Die Anmeldeliste füllte sich schnell, sodass wir in Absprache mit der BuKo die ursprünglich anvisierte Anzahl von 30 Teilnehmern um 5 aufstockten. Wir freuten uns sehr über die Anfragen von Jim Acketoft aus Schweden und Russell Cheetham aus Großbritannien, die an der Meisterschaft außer Konkurrenz teilnehmen wollten. Nach diversen Abmeldungen blieben beim Eröffnungsbriefing 32 Teilnehmer übrig. Die überschaubare Teilnehmerzahl trug in unseren Augen zu einem sehr harmonischen und offenen Miteinander während der Meisterschaft bei.
Die ersten Teilnehmer trafen am 27. Juni ein. Nachdem wir frühzeitig mit der Vorbereitung der Infrastruktur fertig wurden, boten wir an, die technische Kontrolle bereits am Sonntag durchzuführen. Dadurch waren wir am Dienstag um 14:00 Uhr, ganze 6 Stunden vor dem Eröffnungsbriefing, mit der Anmeldung und Abnahme der Flugzeuge fertig.
Die Wettervorhersage für den ersten Wertungstag verspricht mit 38 Grad Celsius zwar sehr heiß zu werden, aber wir sind gut gerüstet. Mit den beiden 160 PS starken Dynamic Schleppern werden wir das Feld problemlos in die Luft bekommen. Die Auswertung funktioniert einwandfrei, von unserer Seite ist alles bereit.

Der erste Wertungstag beginnt um 8:00 Uhr morgens bei einer Temperatur von fast 27 Grad Celsius. Der Startaufbau findet auf Piste 11 statt. Für heute ist eine 4-Stunden-AAT geplant. Die Strecke führt zunächst ins Saarland nach Marpingen, dann in den Osten, ganz an den Rand des Wettbewerbsraumes nördlich von Nürnberg. Anschließend geht es über Hauenstein im Pfälzerwald zum Zeitabgleich zurück. Die Maximalstrecke beträgt 733 Kilometer, was den Piloten viel Raum zum Taktieren lässt. Um 12:40 Uhr hebt der erste Flug der Deutschen Meisterschaft mit dem Wettbewerbskennzeichen 7. ab. Um 13:08 Uhr ist der letzte Flieger im Schlepp. Um 13:38 Uhr ist Abflug frei. Es bleibt abzuwarten, wie gut die Strecke passt. Um 13:45 Uhr fliegt die erste Gruppe los und erreicht gleich im Pfälzerwald gleich Schnitte um die 150 Kilometer pro Stunde. Fast alle Piloten fliegen den ersten Sektor maximal aus. Währenddessen steigt die Basis immer mehr an. Frank und ich beobachten die Höhen im Tracking mit Sorge. Hoffentlich haben alle Piloten heute Morgen im Briefing aufgepasst und sich die Maximalhöhe von Flugfläche 95 im Rechner hinterlegt. Bei der Auswertung am Abend wird jedoch klar, dass dies nicht der Fall war. Glücklicherweise blieben alle innerhalb der Toleranz von 100m, so dass wir nur Strafpunkte vergeben mussten. Das Tracking ist sehr spannend zu verfolgen. Die Schauer, die sich südlich der Kurslinie und im Nordschwarzwald bilden, fallen wieder in sich zusammen. Am Ende des Tages gewinnt Markus Frank (FE) den ersten Wertungstag mit einem beeindruckenden Schnitt von 149,94 km/h, der bis zum Schluss der schnellste des Wettbewerbs blieb. Hermann Leucker (HL) flog mit 646,34 km die größte Strecke der Meisterschaft.

Nach diesem aufregenden Start verlief der zweite Wettbewerbstag etwas ruhiger. Am Morgen näherte sich von Westen ein Schauerband, aber mittags bot sich noch die Möglichkeit, eine Aufgabe im Rheintal zu fliegen. Ursprünglich hatten wir eine Racing-Aufgabe geplant, aber als die Teilnehmer nach dem Briefing ihre Flugzeuge ins Grid stellten, wurde uns klar, dass wir einen Plan B brauchten, falls sich das Wetter nicht wie erwartet entwickeln sollte. Daher gaben wir in einem Feldbriefing eine AAT über 2 Stunden an der Pfälzerwaldkante und in der Rheinebene bekannt. Um 13:30 Uhr war der Himmel immer noch vollständig bedeckt und Frank und ich beschlossen, mit der Schleppmaschine zu starten, um die Bedingungen zu überprüfen. Aus der Luft wurde schnell klar, dass die Linie des guten Wetters ungefähr an der A6 Kaiserslautern-Mannheim lag, und wir bald mit dem Start beginnen konnten. Daher aktivierten wir die B-Aufgabe und setzten den Schleppbeginn auf 14:30 Uhr fest. Um 15:38 Uhr war dann endlich der Abflug frei. Das Wetter besserte sich schnell, und die Basis stieg von anfänglich 1500 m MSL rasch auf fast 2000 m MSL. Michael Sommer gewann den Tag mit einem Schnitt von 126 km/h über 254 km.

Der dritte Wertungstag verlief eher unspektakulär. Die Wettervorhersage am Abend vorher war eindeutig, so dass Frank sich für einen Flug um Frankfurt entschied. Am Morgen überprüfte er die Wettermodelle noch einmal und konsultierte Kalle, um sicherzustellen, dass die Entscheidung richtig war. Die Aufgabe war eine Racing Task über 521 Kilometer im Uhrzeigersinn um Frankfurt. Schon während des Tages wurde im Tracking deutlich, dass die Schnitte wieder sehr schnell sein würden. Nach etwa der Hälfte der Strecke übernahm das Team Russell Cheetham (5) und Jim Acketoft / Wilhelm Wendt (1P) die Führung und legte einen beeindruckenden Schnitt von 143 km/h hin. Mit einem schnellen Endanflug hätte der Tag fast so schnell werden können wie der erste Wertungstag. Leider ließ das Wetter gegen Ende etwas nach, sodass Enrique Levin (EL) den Tag mit einem Schnitt von „nur“ 146 km/h für sich entscheiden konnte.

Der vierte Tag beginnt leider nicht so erfreulich. Die Wettermodelle haben sich im Vergleich zum Vortag deutlich geändert, sodass die geplante Strecke von Frank nicht mehr durchführbar ist. Daher wird kurzerhand ein neuer Plan ausgearbeitet. Es gibt wieder eine AAT über 3 Stunden, mit den Wendegebieten Schweinfurth und Schreckhof, also im Grunde ein Zielrückkehrflug. Die Maximalstrecke beträgt 445 Kilometer. Um das Ganze etwas interessanter zu gestalten, üben wir heute den PEV-Abflug. Auf dem ersten Schenkel legen Michael Sommer (EB) und Oliver Binder (OR) eine beeindruckende Durchschnittsgeschwindigkeit von 150 km/h hin. Wir überlegen, ob die Strecke vielleicht zu klein ist. Der Gegenwind auf dem Heimweg sorgt jedoch dafür, dass die Geschwindigkeiten deutlich zurückgehen. Enrique Levin (EL) gewinnt den Tag mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 132,49 km/h. Michael und Oliver erreichen mit 403 Kilometern nur knapp 40 Kilometer weniger als die Maximalstrecke. Dies deutet darauf hin, dass wir in den kommenden Tagen mehr Luft nach oben einplanen müssen. Am Abend hat sich unsere Küchencrew etwas Besonderes ausgedacht. Wir feiern ein gemütliches Bergfest mit Saftgulasch nach Omas Rezept aus der Gulaschkanone. Hier noch einmal vielen Dank an die Küchencrew für das leckere Essen!
Die nächsten zwei Tage sind leider von einer Kaltfront und dem Durchgang eines Kaltlufttropfens geprägt, was dazu führt, das beide Tage neutralisiert werden müssen. Trotzdem haben wir die Zeit genutzt, um unter der Leitung von Enrique eine Diskussionsrunde über die Zukunft der Wettbewerbsfliegerei in Deutschland zu führen. Dabei wurden verschiedene Aspekte, von der Qualifikation bis hin zur Zukunft der Klassen, ausführlich besprochen.
Auch der 08.07. beginnt mit Regen und starkem Wind. Die Satellitenbilder zeigen jedoch ein kleines Fenster, in dem sich die Bewölkung aufzulösen scheint. Trotz der skeptischen Blicke haben wir nach dem Briefing mit dem Aufbau begonnen und eine Rheintal-Rallye im AAT-Format über 2 Stunden geplant. Um flexibel zu bleiben, haben wir zur Startbereitschaft noch eine „B“-Aufgabe mit einer verkürzten Aufgabenzeit von 1:45 Stunden ausgegeben. Um 13:34 Uhr schleppen wir die ersten beiden Startreihen als Schnüffler. Diese Piloten melden direkt Steigwerte um die 2 m/s und eine Basis von 1200 m MSL, sodass wir direkt mit dem Schleppbetrieb weiter machen und den Abflug um 14:33 Uhr freigeben. Der Tag war geprägt von starken Ausbreitungen und Schauern, die sich über das Wettbewerbsgebiet bewegten. Besonders spannend wurde es, als sich während der Anflugphase ein Schauer direkt auf die Kurslinie schob, was die Piloten dazu zwang, ihn um- oder zu durchfliegen. Glücklicherweise gab es am Platz nur sehr wenig Regen, was den Endanflug relativ unproblematisch gestaltete. Peter Pollack (WB) sicherte sich den Tagessieg mit einer für diesen Tag beeindruckenden Durchschnittsgeschwindigkeit von 124,68 km/h.

Am sechsten Wertungstag deutet die Wettervorhersage auf günstige Bedingungen im Westen hin, mit guten PFD-Werten. Die ED-R Baumholder war nicht aktiv, sodass eine Racing-Task um die Wendepunkte Saarstahl, Kirn und Möckmühl Korb geplant wurde. Kalle erwähnte mögliche Ausbreitungen, aber wir sind zuversichtlich, dass wir damit umgehen können. Die X-Country-Geschwindigkeitsvorhersage passte nicht zum Rest des Modells, aber Kalle hat ja auch was von Ausbreitungen erzählt, das wird schon. Dies war ein Trugschluss, der uns den Tag noch richtig vermiesen sollte. Der Schleppbeginn war um 12:10 Uhr, der Abflug ist um 12:57 Uhr frei. Zu unserer Überraschung starten Markus Frank (FE) und Holger Karow (XR) sofort. Diese Entscheidung erweist sich im Laufe des Tages als klug, da die vorhergesagte Absinkbewegung, die die Ausbreitungen auflösen sollte, nicht eintritt. Das Feld kämpft sich bei 6-8 Achteln Bedeckung und schwachen Steigwerten durch den Pfälzerwald und das Saarland nach Kirn. Die Bedingungen verbessern sich für die Spitzengruppe auf dem Weg über die Ebene. Markus Frank (FE) gewinnt den Tag mit einer Geschwindigkeit von 116,27 km/h, knapp vor Holger Karow (XR) mit 114,31 km/h. Aufgrund der schwierigen Bedingungen im Westen schaffen es fast die Hälfte der Piloten nicht mehr rechtzeitig vor Thermikende zum Zielkreis. Die Hälfte des Feldes muss den Motor starten oder den Flug vorzeitig abbrechen. Jürgen Schuster (JOY) sorgte für Spannung, als er 2 Kilometer vor dem Zielkreis seinen Endanflug mit einer Steigrate von 0,4 Metern pro Sekunde erkurbelt. Es war ein anstrengender Tag für alle Piloten, der das Feld an der Spitze der Gesamtwertung noch einmal zusammengeschoben hat. Am Ende des Tages betrug der Punktabstand zwischen Platz 1 und Platz 4 in der Gesamtwertung 62 Punkte, wobei Markus Frank mit 4818 Punkten die Führung übernahm.
Der vorletzte Wettbewerbstag, der gleichzeitig der 7. Wertungstag war, bot vielversprechendere Bedingungen. Die Wetterprognosen für die Schwäbische Alb und den Schwarzwald waren vielversprechend, was Frank dazu veranlasste, ein Racing Task um Stuttgart zu planen. Die Strecke führte kurz über die Haardtkante nach Süden, dann über Bad Mergentheim nach Ulm auf die Alb und schließlich über Reiselfingen und den Turmberg bei Karlsruhe zurück zum Startpunkt, was einer Gesamtstrecke von 585 Kilometern entspricht. Der Abflug wurde um 12:31 Uhr freigegeben, und ein beträchtlicher Teil der Teilnehmer startete innerhalb der ersten 5 Minuten, was zu einem spannenden Rennen führte. Der Schwarzwald erwies sich jedoch nicht so vielversprechend wie vorhergesagt, und der Einstieg wurde zu einer Schlüsselstelle. Enrique (EL) sicherte sich den Tagessieg mit einer beeindruckenden Durchschnittsgeschwindigkeit von 146,17 Kilometern pro Stunde.

Der letzte Wettbewerbstag, der achte Wertungstag, beginnt erneut mit tiefer Bewölkung und vollständiger Bedeckung. Die Windvorhersage ist unklar, deutet aber auf einen Dreher auf Nord-Nordwest zum Schleppbeginn hin. Daher haben wir uns entschieden, das Feld auf der Startbahn 29 aufzubauen. Die heutige Aufgabe ist eine AAT über 2:30 Stunden, die am Hambacher Schloss beginnt, über Kirn ins Saarland führt, den Kraichgau durchquert und über einen Kreis bei Grünstadt zum Zeitabgleich wieder nach Lachen zurückkehrt. Die Startbereitschaft haben wir auf 12:00 Uhr festgelegt. Leider hat der Wind nicht ganz so mitgespielt, wie wir uns das gedacht hatten, so dass wir am letzten Tag noch einmal umbauen mussten. Nach einem reibungslosen Umbau auf die Startbahn 11 konnten wir um 13:30 Uhr mit dem Schleppbetrieb beginnen. Der Abflug für die letzte Aufgabe war um 14:30 Uhr frei, und es entwickelte sich wieder ein spannendes Rennen, bei dem sehr unterschiedliche Strategien zum Einsatz kamen. Am Ende des Tages konnte Michael Sommer (EB) mit einer beeindruckenden Durchschnittsgeschwindigkeit von 138,62 km/h den Tagessieg erringen. Er setzte sich vor Oliver Binder (OR) und Enrique Levin (EL) durch. Dieser Sieg schob Michael Sommer in der Gesamtwertung auf den ersten Platz, mit einem Punktevorsprung von 13 Punkten auf den Zweitplatzierten Enrique Levin, bei einer Gesamtpunktzahl von 6525 Punkten. Nach acht spannenden und anspruchsvollen Flugtagen war das Ergebnis denkbar knapp. Die neue Nationalmannschaft der Offenen Klasse setzt sich aus Felipe Levin, der als amtierender Weltmeister rückqualifiziert ist, sowie aus Michael Sommer, Enrique Levin und Markus Frank zusammen. Wir wünschen euch viel Erfolg bei den anstehenden Welt- und Europameisterschaften!
Russel Cheetham hat sich von den restlichen Teilnehmern mit folgenden Worten verabschiedet:
„On behalf of the International contingent we thank you for your company – special thanks to Reimar and his team plus also club members who let us use their club for nearly two weeks and the DAeC for allowing us to come along.
Congratulation to the winners – if you didn’t win remember the standard of competitor at this event is exceptional and similar to World Championships so keep racing along.“
Wir finden, das fasst den Wettbewerb in einfachen und kurzen Worten gut zusammen.
Als Wettbewerbsleitung möchten wir uns herzlich bei allen Teilnehmern für einen fairen und spannenden Wettbewerb mit einer entspannten und freundlichen Atmosphäre bedanken. Uns hat die Ausrichtung dieser Meisterschaft riesig viel Spaß gemacht und daran habt ihr einen entscheidenden Anteil gehabt. Ein besonderer Dank geht an unsere Sponsoren Clouddancers, Air Store, Ülis Segelflugbedarf und Skysight, die uns großzügig die Tagespreise zur Verfügung gestellt haben.
Darüber hinaus möchten wir uns bei allen unseren Helfern bedanken, die sowohl sichtbar als auch im Verborgenen zum Erfolg dieser Meisterschaft beigetragen haben. Ein ganz besonderer Dank geht an Hannes Zimmermann, der mit seiner Dynamic unglaublich kurzfristig zum Schleppen eingesprungen ist. Außerdem möchten wir uns bei allen Teilnehmern bedanken, die uns mit Spenden unterstützt haben!
Text: Reimar Möller
Fotos: FSV Neustadt an der Weinstraße