Ein Beitrag von Guido Frey
Foto: Maike Hecht
Einleitung
Vor einem Jahr erschienen die NfL 2023-1-2792 zum Feuerlösch- und Rettungswesen. Diese NfL waren Voraussetzung für das Fliegen ohne Flugleiter. Ziemlich genau ein Jahr später erschienen nun die NfL 2024-1-3106. Mit diesen NfL werden zum ersten Mal bundeseinheitliche Richtlinien für das Fliegen ohne Flugleiter herausgegeben. Somit ist nun das Fliegen ohne Flugleiter für nahezu alle Flugplätze grundsätzlich möglich.
Wie können Flugplätze das Fliegen ohne Flugleiter jetzt beantragen?
Flugplätze können damit ab sofort das Fliegen ohne Flugleiter bei ihrer zuständigen Behörde beantragen. Dazu sind ein Antrag und ein Betriebskonzept nötig. Wer hierzu Anregungen benötigt, kann sich gerne bei der Interessengemeinschaft Fliegen ohne Flugleiter unter newsletter@fliegenohneFlugleiter.org melden. Dort sind ein Musterantrag und -betriebskonzept erhältlich. Ebenfalls können Sie dort einen Newsletter zum Thema abonnieren, und auch Mailinglisten zum regionalen Austausch zwischen Platzhalterinnen und -haltern im Bereich einer Luftfahrtbehörde sind vorhanden.
Antrag
Im Antrag ist zu beschreiben, was sich alles in der Flugplatzgenehmigung geändert werden soll. Schauen Sie als Flugplatzhalter oder -halterin in Ihre Genehmigung und identifizieren Sie alle Stellen, an denen vom Flugleiter gesprochen wird. Stellen Sie fest, welche Aufgaben dem Flugleiter durch die Genehmigung zugewiesen werden. Diese Stellen müssen dann auf Antrag von der Behörde geändert werden.
Es empfiehlt sich hier eine starke Orientierung an den NfL 2024-1-3106. Darin sind diverse Gründe gelistet, die einen Flugleiter weiter erfordern können, aber nicht müssen. Weisen Sie nach, dass diese Gründe entweder nicht auf Ihren Platz zutreffen oder Sie das ganze auch problemlos und sicher ohne Flugleiter abwickeln können. Hier können Sie direkt auf das zugehörige Betriebskonzept verweisen.
Betriebskonzept
Im Betriebskonzept beschreiben Sie dann, wie die bisher vom Flugleiter übernommenen Aufgaben in Zukunft erledigt werden. Beispielhaft sind hier einige Dinge aufgeführt.
Hauptflugbuch
Auch ohne Flugleiter muss leider weiterhin ein Hauptflugbuch geführt werden. Für die Zeit ohne Flugleiter können Sie beispielsweise allen Piloten die Pflicht zu einer Start- und Landemeldung auferlegen (z. B. in einer ausgehängte Liste, per email oder über ein Webformular) oder eine automatisierte Lösung einführen.
Notam
Da bei einem Anflug üblicherweise kein vorheriger Kontakt zu einem Flugleiter mehr erforderlich ist, bekommen Notam eine größere Bedeutung. Sorgen Sie also dafür, dass potentiell den Flugbetrieb einschränkende Dinge rechtzeitig per Notam veröffentlicht werden. Dazu bietet die DFS für Flugplatzhalterinnen und -halter einen Online-Zugang an.
Verkehrssicherungspflicht
Auch in den Zeiten ohne Flugleiter muss der Zustand der Flugbetriebsflächen regelmäßig auf betriebssicheren Zustand kontrolliert werden. Überlegen Sie sich hierfür sinnvolle Intervalle.
Als Analogie kann hier der Straßenverkehr herhalten: Die Kommunen lassen auch nicht jede ihrer Straßen dauerhaft von einem Straßenwärter überwachen. Stattdessen werden dort abhängig von der Benutzungsfrequenz Kontrollintervalle festgelegt. Diese sind zum einen abhängig von der Verkehrsdichte und zum anderen von örtlichen Umständen.
Als Leitfaden für die Luftfahrt kann hier z. B. der Flughafen München herhalten. Dieser macht alle vier Stunden eine Bahnkontrolle. Allerdings finden in diesen vier Stunden auch bis zu 480 Bewegungen statt. Das sind mehr Bewegungen als mancher Landeplatz in einem Monat sieht…
Aber auch andere Umstände sollten in Betracht gezogen werden. Wenn Ihr Grasplatz in Vollmondnächten ständig von einer Wildschweinhorde durchpflügt wird, dann empfiehlt sich hier natürlich ein engeres Kontrollintervall.
Wichtig ist auch, dass erkannte Mängel von allen am Flugbetrieb Beteiligten schnell gemeldet werden können. Überlegen Sie sich hierzu sinnvolle Meldewege (z. B. Aushang einer Telefonnummer für dringende Meldungen und einer e-Mail für weniger dringende Dinge). Am besten machen Sie sich auch Gedanken, wie solche Meldungen behandelt werden (Wer gibt sie an wen weiter? Wer veröffentlicht in dringenden Fällen schnell ein Notam über eine Platzsperre oder Einschränkungen?).
In das bei der Behörde einzureichende Betriebskonzept schreiben Sie am besten nur, dass der Platzhalter den Flugplatz in angemessen Abständen auf Betriebssicherheit kontrolliert. Intern legen Sie dann die entsprechenden Intervalle und Umstände fest. Das gibt Ihnen mehr Flexibilität, denn Dinge können sich auch im Laufe der Zeit ändern. Kommen wir zurück auf das Beispiel mit der Wildschweinhorde. Wenn Sie nun z. B. einen Elektrozaun rund um Ihr Gelände gebaut haben, kommen die „Wildschweinattacken“ nicht mehr vor. Dann können Sie einfach auf die Kontrollen nach den Vollmondnächten verzichten. Haben Sie die Kontrollen nach Vollmondnächten jedoch konkret in Ihrem Betriebskonzept benannt, so müssen Sie bei der Behörde erst wieder einen Änderungsantrag stellen.
Mischbetrieb
Mischbetrieb kann, entgegen mancher Gerüchte, auch grundsätzlich ohne Betriebsleiter durchgeführt werden. Überlegen Sie sich auch hier sinnvolle Verfahren (Wer gibt auf der Platzfrequenz einen Windenstart bekannt? Wann sollte ein Windenstart frühestens bei abfliegendem Verkehr beginnen und wann bei anfliegendem Verkehr spätestens beginnen. Wer meldet das Absetzen von Fallschirmspringern? Was folgt aus diesen Meldungen?)
Wie kann das Fliegen ohne Flugleiter eingeführt werden?
Auch wenn Sie aktuell noch keine Genehmigung zum Fliegen ohne Flugleiter haben, so machen Sie sich schon mal Gedanken, wann Sie das Fliegen ohne Flugleiter praktizieren wollen und wie Sie die Einführung möglichst reibungslos gestalten können.
Einführungskonzept
Überlegen Sie sich auch, ob Sie das Fliegen ohne Flugleiter „auf einen Schlag“ oder lieber schrittweise einführen wollen. Beide Varianten haben ihr Vor- und Nachteile. Mit der Einführung auf einen Schlag ist für alle Teilnehmer ein klarer Übergang sichtbar. Bei der schrittweisen Einführung haben Sie die Chance, bei jedem Schritt evtl. Probleme zu erkennen und diese noch im Entstehen zu korrigieren. Bei der schrittweisen Einführung kann die folgende Systematik evtl. hilfreich sein:
Von verkehrsarmen zu verkehrsreichen Zeiten
Sie können das Fliegen ohne Flugleiter an einem klassischen Vereinsplatz z. B. erst Mal in den Randstunden Ihres Betriebes unter der Woche ausprobieren. Wenn das gut läuft, dehnen Sie das Fliegen ohne Flugleiter auf die gesamte Woche aus. Anschließend können Sie mit dem Wochenende genauso verfahren.
Von internen Verkehrsteilnehmern zu externen Teilnehmern
Sie können auch den Teilnehmerkreis in der ersten Zeit beschränken und dann sukzessive ausweiten. Beispielsweise können Sie das ganze zuerst Vereinsmitgliedern anbieten, bevor Sie dann den Betrieb ohne Flugleiter für alle Flugbetriebsteilnehmer freigeben.
Was ist an Vorbereitung nötig?
Auch intern sollte das Fliegen ohne Flugleiter gründlich vorbereitet werden.
Was ist organisatorisch zu beachten?
Durch den Wegfall des Flugleiters entfallen evtl. auch einige im Vereinsbetrieb von ihm oder ihr übernommenen Aufgaben.
Hauptflugbuch
Die Führung eines Hauptflugbuch ist leider auch nach Wegfall des Flugleiters verpflichtend. Hier haben Sie verschiedene Möglichkeiten. Sie können z. B. die an- und abfliegenden Pilotinnen und Piloten zu Start- und Landemeldungen verpflichten. Die Möglichkeiten gehen vom Einwurf von Start- und Landemeldungen in einen simplen Briefkasten über Meldungen per e-Mail oder ein eigenes Webformular.
Auch automatisierte Meldungen sind denkbar. Dazu entwickeln z. B. die Firmen aerops und Vereinsflieger gerade einige Lösungen.
Hier ist es empfehlenswert, vor Anschaffung großer Technik, erst mal mit den simplen Lösungen zu beginnen. Wenn diese nicht taugen oder mit zu hohem manuellen Aufwand verbunden sind, empfiehlt sich dann die größere Lösung.
Aus dem bisherigen Betrieb ohne Flugleiter am Flugplatz Eggerdsorf gibt es hierzu auch schon eine interessante Erfahrung: Anfangs wurden die dortigen Piloten verpflichtet, ihre Start- und Landemeldung spätestens bis Tagesende einzureichen. Dies wurde oft vergessen. Als jedoch die Rückmeldefrist auf 30 Minuten nach Landung in Eggersdorf bzw. nach Landung am Zielflugplatz verkürzt wurde, stieg die Rückmeldequote signifikant.
Schlüsselausgabe
Oft geben die Flugleiter auch die Schlüssel für die Vereinsflugzeuge aus. Machen Sie sich hier Gedanken, wie Sie dies in Zukunft abwickeln wollen. Hier gibt es Lösungen vom einfachen Schlüsseltresor mit Zahlencode bis zu vollautomatisierten Schlüsselboxen mit individuellen Zugangskarten… Auch hier empfiehlt sich der Ansatz, erst mal mit simplen Lösungen zu beginnen…
Tanken
Wenn die Freischaltung und Abrechnung der Betankung bisher hauptsächlich durch den Flugleiter erfolgte, so ist hier evtl. auch eine andere Lösung erforderlich. Dazu gibt es von diversen Anbietern Lösungen, die von individuellen Kundenkarten über Kreditkartenterminals bis zur kompletten Übernahme der Tankstelle durch eine Betankungsgesellschaft gehen. Alle Lösungen haben Ihre speziellen Vor- und Nachteile. In einem Newsletter der Interessengemeinschaft Fliegen ohne Flugleiter haben wir das einmal ausführlicher erläutert. Bei Interesse kann dieser Newsletter ebenfalls unter newsletter@FliegenohneFlugleiter.org bezogen werden.
Versicherung
Klären Sie vor Beginn des Betriebes ohne Flugleiter, ob Ihre Flugplatzhalterhaftplicht-Versicherung den Betrieb ohne Flugleiter einschließt. In den allermeisten Versicherungen steht als Versicherungsumfang „Betrieb im Rahmen der behördlichen Genehmigung“. Da das Fliegen ohne Flugleiter einer behördlichen Genehmigung bedarf, sind Sie in diesem Fall auf der sicheren Seite.
Unabhängig vom Fliegen ohne Flugleiter sollten Sie bei der Gelegenheit einmal die Höhe der Versicherungssumme überprüfen. Diese sind oft durch historische Umstände sehr gering. Es kann sich daher eine Anpassung an aktuelle Schadenspreise, gerade beim Betrieb mit hochwertigen Flugzeugen, empfehlen.
Was ist an Schulung erforderlich?
Von der AOPA gibt es ein Youtube-Video zum Fliegen ohne Flugleiter. Ein Kommentar dazu war: „Was ist da jetzt anders als vorher?“. Das ist ein sehr berechtigter Einwand! Es ist wirklich kaum etwas anders als vorher. Auch vorher waren die verantwortlichen Luftfahrzeugführerinnen und -führer für die sichere Staffelung untereinander verantwortlich. Es entfallen nun allerdings Informationen des Flugleiters über anderen Verkehr.
Zuhören – Mitdenken – Rausschauen – Funken
Daraus ergibt sich, dass das Quartett aus „Zuhören, Mitdenken, Rausschauen und Funken“ an Wichtigkeit nichts verloren hat!
Zuhören
Vor dem Einflug in die Platzrunde oder dem Anlassen des Motors empfiehlt es sich bereits, in die Platzfrequenz reinzuhören. Dabei ergeben sich allein schon durch den Funkverkehr anderer Teilnehmerinnen und Teilnehmer interessante Informationen (Sind derzeit viele Maschinen im An- oder Abflug? Findet Segelflug- oder Fallschirmsprungbetrieb statt? Welche Start- und Landerichtung wird derzeit genutzt?)
Mitdenken
Der wichtigste Punkt ist es, sich aus den Meldungen der anderen Flugzeuge ein Verkehrslagebild im Kopf zu erstellen: Wo bin ich? Wo sind die anderen Flugzeuge? Mit welchen Flugzeugen könnte es zu Konflikten kommen? Wie kann ich diese Konflikte vermeiden?
Zur Konfliktvermeidung ist es auch ratsam, den Einflug in die Platzrunde standardmäßig über den Gegenanflug zu nehmen. Die Staffelung zu einem Flugzeug, das direkt in den End- oder Queranflug einfliegt, ist meist erheblich schwieriger herzustellen.
Denken Sie daran, dass jede Flugzeugführerin und jeder Flugzeugführer für die eigenen Handlungen selbst verantwortlich ist. Vermeiden Sie es daher, über Funk anderen vorzuschlagen, was sie tun oder lassen sollen. Fliegen Sie defensiv! Wenn Ihnen eine Situation kritisch vorkommt, dann ist sie es vermutlich auch. Nehmen Sie sich die zusätzliche Zeit für ein defensives Vorgehen. Beispielsweise warten Sie am Rollhalt ein landendes Flugzeug einfach ab, anstatt es zu bitten, für Ihren Start den Anflug zu verzögern…
Rausschauen
Auch beim Fliegen ohne Flugleiter kann es Flugzeuge geben, die keinen Funk haben oder eine falsche Frequenz gerastet haben etc.. Hier ist also weiterhin die Luftraumbeobachtung ein essentieller Teil des Sicherheitsnetzes!
Funken
Melden Sie jeweils, wo Sie sind, was Sie tun und was Sie vorhaben. Nur das hilft den anderen Flugzeugen, sich ein entsprechendes Bild von der Verkehrslage zu machen.
Schulungskonzept
Der Schulungsaufwand ist so unterschiedlich wie die Flugplätze… Während Flugplätze an den Landesgrenzen viele Pilotinnen und Piloten haben, die das Fliegen ohne Flugleiter durch Flüge ins nahegelegene Ausland aus dem Eff-Eff kennen, gibt es auch Pilotinnen und Piloten, die sich mit dem Thema erst noch vertraut machen müssen. Hierzu kann eine kleine und kurze Schulung evtl. sinnvoll sein. Dies kann z. B. eine kleine Präsentation zu einem Vereinsevent, ein kurzes Online-Seminar oder eine Einweisung im Rahmen eines Frühjahrsrefreshers sein. Wichtig ist hierbei, am besten die Fluglehrerinnen und -lehrer gleich von Anfang an als Multiplikatoren zu verwenden.
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E-Mail: newsletter@FliegenohneFlugleiter.org